Documents BSIN05599832 (10 CD-Set)

Various Artists - Forbidden but Not Forgotten / Verboten, Verfolgt, Aber Nicht Vergessen! (10 CD-Set)

Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten ging von Deutschland ein in der europäi­schen Kulturgeschichte einmaliger, grauenhafter Versuch der Vernichtung künstlerischer und moralischer Werte in bis dahin unvorstellbarem Maße aus. Literatur, Wissenschaft, bildende Kunst und Musik in all ihren Ausprägungen fielen dem Rassenwahn vom einzig wertvollen »Ariertum« zum Opfer. »Schmutz und Schund« nannte Propagandaminister Goebbels die nun verbotenen Werke, deren Urheber künftig nicht einmal mehr genannt werden durften. Viele Namen sind deshalb der jüngeren Generation fremd oder werden nicht in Verbindung mit nationalsozialistischer Verfolgung gebracht. Bereits 1928 hatte sich ein »Kampfbund für deutsche Kultur« gegründet, und auch für die Nationalkonservativen war nach dem verlorenen 1. Weltkrieg deutsche Musik eine ihrer letzten Bas­tionen. In ihrem Kampf gegen alles »Undeutsche« sahen sie schon im Wort »Jazz« eine Provokation. Die Grundlage für massenhafte Verbote und Verfol­gung bildete aber erst das am 7. April 1933 erlasse­ne Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeam­tentums. Es schloss Nicht-Arier, Kommunisten und andere, »denen eine Unterstützung des nationalen Staates ohne Vorbehalte nicht zugetraut werden kann«, von der Stellenvergabe aus. Es ordnete an, alle, »die nicht arischer Abstammung sind, in den Ruhestand zu versetzen«. Die im November 1933 gegründete Reichskultur­kammer mit ihren Einzelkammern für Literatur, Radio, Theater, Musik und Film hatte die Einhaltung der neuen Gesetze zu überwachen. Die Mitglied­schaft war Pflicht für alle Berufsgruppen. Der Ausschluss oder die Verweigerung der Aufnahme kamen einem Berufsverbot gleich. Auf den hier zusammengestellten 10 CDs machen die kurzen biographischen Angaben zu den Betei­ligten deutlich, welche oft unfassbaren Folgen die rigorose Anwendung dieser Gesetze hatte. Die schillernd aufblühenden kulturellen Entwick­lungen der rückblickend so spannend erscheinen­den »goldenen zwanziger Jahre« wurden abrupt gestoppt und vielfach zerstört. Für Verleumdung und Denunziation öffneten sich Tür und Tor. Dabei halfen Buchveröffentlichungen wie das »Handbuch der Judenfrage« von Theodor Fritsch (Hammer-Verlag, Leipzig 1935) und das »Lexikon der Juden in der Musik«, bearbeitet von Dr. Theo Stengel in Verbindung mit Herbert Gerigk, dem Leiter der Hauptstelle Musik beim Beauftragten des Führers für die Überwachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Schulung und Erziehung der NSDAP. In diesen Büchern finden sich u. a. die Namen Goldmark, Halévy, Korngold, Mahler, Mendelssohn Bartholdy, Meyerbeer, Saint-Saents, Schön­berg, Weill, Weinberger und Zemlinsky ebenso wie Abraham, Eysler, Fall, Hollaender, Kaiman, Nelson, Offenbach, Spoliansky und Straus. Von Stolz und Benatzky heißt es »…sind wohl Arier, unterscheiden sich aber in nichts, was die Qualität ihrer Produkte angeht, von den genannten Juden«. Und an anderer Stelle: »Lehár und der jüdisch versippte Künneke beziehen ihre Texte fast ausschließlich aus jüdischen Händen«. Im Novem­ber 1934 schrieb das Reichskultusministerium an die NS-Kulturgemeinde in Halle: »Die von Lehár vertonten Texte entbehren, von Juden geliefert, jeglichen deutschen Empfindens«. Die einzelnen Titeln dieser CD-Kollektion angefügten Ergänzungen lassen erkennen, in welchem kaum glaublichen Ausmaß gerade die Gruppe der Textdichter der Verfolgung ausgesetzt war. Kaum weniger erschreckend ist die Namensliste jener Dirigenten, Sänger und Instrumentalisten, die vor dem Nazi-Regime fliehen mussten und mehr noch jener, die als Juden, Homosexuelle oder als Gegner des Nationalsozialismus in Konzentrations­lagern gequält und umgebracht wurden. Noch in der letzten Ausgabe des »Lexikon der Juden in der Musik« war zu lesen: »Die Namen der ›Größen‹ aus der Zeit vom Weltkriegsende bis zur Neuordnung des Reiches sind versunken. Sie sind sogar so gründlich vergessen, dass beim zufälligen Wiederauftauchen eines solchen Namens man­cher sich kaum entsinnen wird, dass es sich um einen berüchtigten, früher viel genannten Juden handelt«. Der Untergang des »Dritten Reiches« hat verhindert, dass sich diese Voraussagen jemals erfüllen können (TIM). Diese 10 CD-Box mit originalen »entarteten« Musikbeispielen vor und noch aus der Nazi-Zeit gliedert sich sehr übersichtlich in einzelne Sparten, was das Hören erleichtert, was in den einzelnen Bezeichnungen der Rubriken auch mal Stirnrunzeln hervorruft, weil man da die Anführungsstriche auch vermisst.
Price: 18,90 EUR