Lajos Dudas (cl), Philipp van Endert (g), Leonard Jones (b), Kurt Billker (d), Jochen Büttner (perc.).
Special Guest: Karl Berger (vib)
Tracklisting:
1. In your own sweet way (6:50)
2. A foggy day (7:04)
3. Children at play (4:31)
4. Pirouette (4:33)
5. Urban blues (6:26)
6. Gloomy Sunday (5:56)
7. Where's that summer (4:05)
8. Valse hot (4:05)
9. Let's call the whole thing off (6:02)
Recorded November 1999.
Released 2000.

"Talk Of The Town" - der Klarinettist Lajos Dudas präsentiert auf seinem neuen Album seine eigene, sehr intime und äußerst intensive Form des "Stadtgeplauders" seiner heimischen Metropole Budapest. Das Cover zeigt die verträumte und geschichtsträchtige Skyline der ungarischen Hauptstadt - ein wundervoller Sonnenuntergang, passend zu den ergreifenden Interpretationen zeitloser Songs und Kompositionen, sowie zu den tiefgründigen, teils witzig arrangierten, teils ernst berührenden Originalen des Klarinetten-Meisters. Wie bereits auf seinem Vorgänger-Album "Some Great Songs" (DOUBLE MOON 1005-2) erweist sich Lajos Dudas als gewieften, einfallsreichen und wohl überlegten Komponisten, als einzigartigen Virtuose am Instrument und als fantasievollen, abwechslungs- und geistreichen Arrangeur. Seine Band mit Philipp van Endert an der Gitarre, dem Amerikaner Leonard Jones am Bass, Kurt Billker am Schlagzeug und Perkussionist Jochen Büttner ist sein seit vielen Jahren eingespieltes Team, das sich in jeder Ton- und Stimmungslage fantastisch ergänzt. Doch diesmal hat sich Lajos Dudas etwas ganz Besonderes einfallen lassen: mit Freund und Musiker-Kollege Karl Berger am Vibraphon hat er neben sich einen weltweit angesehenen und renommierten Künstler an die Seite geholt, der den neun Stücken auf "Talk Of The Town" eine neue, sensible und klangfarbenfrohe Stimme verleiht. Karl Berger klingt entspannt und relaxt, sein Spiel ist sehr sparsam, genau im richtigen Verhältnis zur Band und zur Klarinette des Leaders. Er agiert ausnahmslos in der Intention der Kompositionen und Arrangements, ohne sich in den Vordergrund zu stellen, mit dem gewissen Fingerspitzengefühl für den richtigen Moment, den passenden Klang und der geeigneten Stimmungsfarbe. Das Vibraphon von Karl Berger ist die geniale Ergänzung zu Lajos Dudas' Klarinette.
Sechs Interpretationen von Bekanntem und weniger Bekanntem, sowie drei Werke aus der Feder von Lajos Dudas bezaubern und beeindrucken auf gleiche Weise. Der Opener "In Your Own Sweet Way" ist eine gewagte, sehr überraschende Fassung der Dave Brubeck-Komposition. Schnelle Rhythmen der Schlaginstrumente, ein bestens aufgelegter Philipp van Endert an der Gitarre und mysteriöse Synthie-Klänge wirbeln den Staub von den Noten und geben dem "Oldie" ein neues und lebendiges Gesicht. "A Foggy Day" von George Gershwin ist gewohnt balladesk und verzaubert durch ein zartes Klarinetten-Intro, dass das umwerfende Feeling von Lajos Dudas repräsentiert. Hier zeigt die gesamte Formation, wie man aus wenig Aktion extrem viel erreichen kann - alles ein Frage des Gefühls. "Children At Play" markiert die erste Themen-Beigabe von Lajos Dudas zu den "Plauderein" auf "Talk Of The Town" - sehr groovy, mit viel Abwechslung, Hang zur östlichen Musik-Kultur und einer großen Portion Funk. Shorty Rodgers "Pirouette" klingt wie eine feine Kür auf dem Eis: gekonnt gemeistert und wunderschön anzusehen. Der "Urban Blues" ist eine Dudas-Komposition aus dem Jahre 1982, auf dem Monaco Festival mit Atilla Zoller aufgeführt und mit dem ersten Preis ausgezeichet, in neuem Kleid. Ein besonderer Höhepunkt ist "Gloomy Sunday", in letzter Zeit durch den Kino-Hit in aller Munde: Schmerz und Trauer sind kaum besser auszudrücken als hier. Aber das Latin-Feeling in "Where's That Summer", einem weiterem Original, hebt die Laune sofort und bringt mit viel Melodie wieder Sonne in die Herzen. "Valse Hot" von Sonny Rollins in einer unglaublich coolen, auf Einzeltöne zerpflückten und verlangsamten Version, und eine rockige, gitarrenlastige Variante von Gershwins "Let's Call The Whole Thing Off" runden diesen Leckerbissen sehr zeitgemäß und in bester Stiummung ab.
"Talk Of The Town" ist nichts Neues, doch verfolgt dieses Projekt das sehr erfolgreiche Konzept des letzten Albums und bietet hervorragende Unterhaltung auf höchstem Niveau. Lajos Dudas, sein Quartett und der überragende Stargast Karl Berger, der hier übrigens seit 10 Jahren zum ersten Mal wieder auf einem Tonträger aktiv zu hören ist, haben viel Gesprächsstoff beizutragen zum aktuellen Stadtgeplauder - eben "Talk Of The Town"!

Reviews:
Jazzthing (04/00) Von Platte zu Platte wird es offensichtlicher: In puncto Virtuosität kann Lajos Dudas derzeit kaum jemand das Wasser reichen. Auch seine nachempfundenen instrumentalen Budapester Stadtgespräche sind wieder mal so ein mustergültiges Exempel für die schillernde Komplexität der Jazzklarinette. Der warme und lyrisch verhangene, manchmal klezmerartig verschleifte Ton des in Neuss lebenden Ungarn scheint vor allem jetzt, da er sich ganz dem klassischen Swingideal verschrieben hat, mehr denn je eine Art Eigenleben innerhalb der Musik zu führen. Während Dudas inmitten von bekömmlichen Standards wie Brubecks "In Your Own Sweet Way" und reizvollen Originals unaufhörlich zu neuen Höhenflügen ansetzt, verharrt seine Mannschaft konsequent auf sicherem Mainstream-Boden. "Special Guest" Karl Berger am Vibrafon hält sich mehr als nur vornehm zurück, die verstärkte Rhythm Section bleibt konsequent in dienender Haltung. Am ehesten gelingt es noch Gitarrist Philipp van Endert, mit kühlen, rocklastigen Kontrapunkten den Kontakt zum entschwebenden Boss zu halten. Sonst wäre es womöglich gar ein Soloprojekt mit aparter instrumentaler Garnitur geworden. (© Jazzthing - Reinhard Köchl)