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Gramola BSIN02791606 Wulz, Waltraud / Van Zabner, Antoinette - Profiles Composer: Walter Haberl, Lili Boulanger, Alexander Scriabin, Dimitri Schostakowitsch, Manuek Infante, Heinrich Gattermeyer, George Gershwin, Isaac Albéniz Waltraud Wulz & Antoinette Van Zabner – Profiles
Diese CD enthält vorwiegend Musik des 20.Jahrhunderts, die bei vielen Menschen im unverdienten Ruf steht, “schwer anhörbar“ zu sein. Sicher gibt es Musik, die die Zerrissenheit und Brutalität des vergangenen Jahrhunderts in ebensolche Klänge umsetzt. Aber das 20. Jahrhundert hatte auch seine schönen und lebensbejahenden Seiten, und auch diese wurden oft musikalisch dargestellt. Und so wie man die Schönheit einer Landschaft auf Nebenstraßen manchmal besser erfahren kann als auf der Autobahn, so enthält auch diese CD unbekanntere Stücke von zum Teil weniger bekannten Komponisten, die aber die vielen Facetten des musikalischen Ausdrucks der letzten hundert Jahre deutlich hörbar machen. Der Bogen spannt sich von spätromantischer Musik des ausgehenden 19.Jahrhunderts bis zu Stücken mit Anklängen an Jazz und moderne Volksmusik. Der Tanz in seinen vielfältigen Erscheinungsformen zieht sich wie ein roter Faden durch fast alle Stücke dieser CD. War das 19.Jahrhundert geprägt von unendlichen Melodien und schwelgerischen Harmonien, so entdeckte die europäische Musik nach 1900 den Rhythmus wieder für sich. Das Klavier entpuppte sich dabei als ein ausgezeichnetes Instrument, all die neuen, energiegeladenen Rhythmen darzustellen.
Das erste Stück - der Tango triste des österreichischen Komponisten Walter Haberl - führt uns gleich mitten hinein in die heißblütige Rhythmik des argentinischen Tangos. Es durchmißt auf engstem Raum alle Emotionen einer leidenschaftlichen Beziehung: blitzschnell wechseln sich heftige Akkordschläge mit sehnsüchtigen Melodien ab. Man sieht das tanzende Paar geradezu vor sich, wie es, mit einer Rose zwischen den Zähnen, eng umschlungen die Welt um sich herum vergißt. Inspiriert von Spieltechniken und Klängen der Gitarre nützt das 1995 uraufgeführte Stück den Farbenreichtum und die dynamische Wucht zweier Klaviere auf wunderbare Weise.
Lili Boulanger , jüngere Schwester und Schülerin von Nadia Boulanger - einer der wichtigsten Kompositionslehrerinnen des 20. Jahrhunderts - wurde nur 25 Jahre alt. Und doch zeigt das in ihrem Todesjahr entstandene Werk D'un matin de printemps eine meisterliche Handschrift. Es ist das heitere Gegenstück zu seinem Schwesterwerk D'un soir triste und existiert in Fassungen für Flöte bzw. Violine und Klavier und als Orchesterstück. Der Komponist Jean Francaix, ebenfalls ein Schüler von Nadia Boulanger, arbeitete es später für zwei Klaviere um. Stilistisch steht es ganz in der Tradition der impressionistischen Musik Frankreichs nach Claude Debussy. Die Leichtigkeit der Rhythmen, die Farbenpracht der Harmonien und die Walzeranklänge im Mittelteil lassen mühelos Bilder und Gefühle eines unbeschwerten Frühlingsmorgens entstehen, eines Frühlings, den Lili durch ihren Tod im März 1918 selbst nicht mehr erleben durfte.
Ein Farbenreichtum ganz anderer Art durchzieht das Werk von Alexander Skrjabin . Wie sein Studienkollege Sergei Rachmaninoff war er ein exzellenter Pianist und schrieb die meisten seiner Werke für Klavier solo. Seine Vorbilder waren hier Chopin und Brahms, doch versuchte er immer mehr, den Orchesterklang Richard Wagners auf das Klavier zu übertragen. Skrjabins Musik kann am besten mit den Begriffen “sinnlich“ und “ekstatisch“ beschrieben werden. Seine zunehmend mystisch-philosophischen Ideen lassen ihn mit fragiler Polyphonie und kühner Harmonik nach den Klängen der seelischen Sphären suchen, nach einer Musik, die diese Erde verlassen will und die in ihren besten Momenten absolut frei ist. Seine Fantasie für zwei Klaviere in a-Moll, op. Posth . entstand im Dezember 1892 und Jänner 1893, kurz nach seiner Abschlußprüfung am Moskauer Konservatorium. Hier ist Skrjabin zwar noch mehr seinen Vorbildern verpflichtet, doch kann man bereits seinen Sinn für höchstes klangliches Raffinement und gewaltige Steigerungswellen erkennen.
Eine Generation jünger als Skrjabin musste sich Dmitri Schostakowitsch mit den kulturpolitischen Auswüchsen der Sowjetunion auseinandersetzen. Konnte er als junger Komponist noch einzig seiner Inspiration folgen, so mußte er nach zwei öffentlichen Rügen durch den sowjetischen Komponistenverband darauf achten, nicht “formalistisch“ zu klingen (was immer die Parteibürokraten damit meinten), sondern den realen Sozialismus mit der entsprechenden Musik zu unterlegen. Schostakowitsch löste den fast unmöglichen Spagat zwischen seinem eigenen künstlerischen Anspruch und den Erwartungen der Partei, indem er diese Erwartungen bis zur Persiflage übertrieb, während er seine wahren Gedanken und Gefühle musikalisch mehr oder weniger maskiert in seine Werke einfließen ließ. Als für seinen Sohn Maxim 1953 die Aufnahmeprüfung ans Konservatorium bevorstand, komponierte er für ihn das Concertino für zwei Klaviere in a-Moll, op. 94 . Es ist ein übertrieben “braves“ Stück, in klarem Dur und Moll, mit virtuosem Schwung und sehr effektvoll. Doch wer genauer hinhört, erkennt provokante Anklänge an die Gesänge der russisch-orthodoxen Kirche und wenn Schostakowitsch den geforderten sozialistisch realistischen Optimismus auskomponiert, klingt die Musik plötzlich nach Zirkus...
Die spanische Musik hat seit jeher eine starke Faszination auf alle Komponisten ausgeübt. Denn sie vereint u.a. die mitreißende Rhythmik des Flamenco mit dem exotischen Sound der phrygischen Tonleiter, die den arabischen Einfluss unschwer erkennen lässt. Diese beiden Elemente, eingebettet in die musikalische Tradition Europas, machen die unverwechselbare und unwiderstehliche Eigenart dieser Musik aus. Und wiederum ist das Klavier das ideale Instrument, um diese Musik auch in den größten Sälen kraftvoll und zugleich gesanglich darzustellen. In diesem Genre gibt es kaum effektvollere und für die Spieler dankbarere Stücke, als die Trois Danses Andalouses von Manuel Infante , komponiert 1921. Infante war selbst Pianist und schrieb diese Suite für den eigenen Gebrauch. Wie er die andalusischen Volksweisen und Tänze immer wieder pianistisch neu einkleidet, wie er sie mit farbigen Harmonien unterlegt und die Möglichkeiten des Klanges zweier Klaviere in unerschöpflichen Variationen ausnützt, zeigt nicht nur seine intime Kenntnis der Musik seiner Heimat, sondern auch die seines Instruments. Die drei hochvirtuosen Stücke sind das, was man im Konzertbetrieb einen “Reißer“ nennt.
Knappe fünfzig Jahre später, 1968, schrieb der österreichische Komponist Heinrich Gattermeyer seine Spanische Suite für Klavier zu vier Händen. Auch diese fünf Stücke vereinen die vorwärtstreibenden Tanzrhythmen mit äußerst eingängigen Melodien, allerdings weniger im Flamenco-Idiom, das ja auch nur eine der vielen Spielarten spanischer Musik darstellt. Hinzu kommt in diesem Werk jedoch ein Merkmal der neueren Musik: die Vorliebe für unsymmetrische Taktarten. Am deutlichsten zu hören ist es im zweiten Satz, einem bemerkenswerten Ostinato lugubre, der durchgängig im 5/8-Takt steht. Es ist ein langsamer Tanz, der von Männern während eines Begräbnisses getanzt wird. Während das eine Klavier fast tranceartig die immer gleichen Töne wiederholt, weint und schluchzt und schreit das andere seine Trauer und seinen Schmerz heraus.
George Gershwin bildet zusammen mit Cole Porter und Richard Rodgers quasi ein Triumvirat unter den Komponisten des “Great American Songbook“. Die meisten seiner Lieder wurden in den 20er und 30er Jahren für Revuen, Broadwayshows und Hollywoodfilme geschrieben. Diese sind inzwischen meist längst vergessen, die Lieder aber haben sich einen unverrückbaren Platz im kollektiven Bewusstsein der musikalischen Nachwelt erobert. 18 seiner Songs hat Gershwin selbst für Klavier bearbeitet. Im Vorwort zu diesen Arrangements schrieb er, er wollte den guten Klavierspielern interessantere Versionen seiner Songs zur Verfügung stellen, als die üblichen, stark vereinfachten Bearbeitungen der Verleger, die hauptsächlich geschrieben wurden “for little girls with little hands“. In diesen Klavierbearbeitungen können wir hören, wie Gershwin - selbst ein ausgezeichneter Pianist – seine Lieder auf Parties zu spielen pflegte, was er übrigens ausgesprochen gerne tat. Diese im Original zweihändigen Fassungen wurden leicht erweitert, damit auch zwei Spieler an zwei Klavieren genug zu tun haben. Für zwei der fünf Songs (die Nummern 1 & 3) gibt es keine Vorlage von Gershwin - sie wurden eigens von Wolfgang Schmidtmayr für diese CD arrangiert.
Was aber macht eine Melodie zu einem Hit? Könnte man diese Frage mit wissenschaftlicher Exaktheit beantworten, würde jedermann Ohrwürmer praktisch auf Bestellung schreiben. Das gelang aber selbst unter den großen Komponisten nur einigen wenigen, wie Mozart, Schubert oder Johann Strauß. Und selbst die konnten nicht vorhersehen, welche ihrer zahlreichen schönen Melodien die Nachwelt besonders lieben würde (hätte Tschaikowski etwa geahnt, dass die Einleitung zu seinem b-moll-Klavierkonzert mittlerweile zu einer der berühmtesten Melodien der klassischen Musik geworden ist, hätte er sie im Verlaufe des Stückes sicher öfter verwendet). Die 1890 komponierte Suite “España“ - sechs leichte Stücke für Klavier - zählt sicher nicht zu den Hauptwerken Isaac Albéniz' , wie beispielsweise seine hochvirtuose “Iberia“-Suite. Und doch enthält gerade dieses kleine Gelegenheitswerk die wohl bekannteste Melodie des Spaniers: einen kurzen Tango in D-Dur. Bekannte Melodien werden gerne von anderen Musikern aufgegriffen und für die eigenen Zwecke umgearbeitet. In unserem Fall war es der polnische Pianist Leopold Godowski (1870-1938), ein Supervirtuose seiner Zeit und Komponist gefürchtet schwerer Klavierarrangements, beispielsweise der Etüden Chopins. Da Godowskis Musik für Soloklavier ohnehin klingt, als bräuchte der Pianist wenigstens drei Hände, um all die hinzugefügten und Unter-, Mittel- und Überstimmen spielen zu können, lag es recht nahe, seine zweihändige Version des Tangos in die vier Hände zweier Pianistinnen zu legen.
Mag. Wolfgang Schmidtmayr
Das Duo
Waltraud Wulz und Antoinette Van Zabner bilden seit Jahren ein internationales Duo, das bewusst die unterschiedlichen musikalischen Prägungen beider Künstlerinnen zum Thema macht: ist die eine tief verwurzelt in der so reichen österreichischen Musikkultur, hat die andere im Laufe ihres Lebens die internationalen Zentren der musikalischen Welt kennen gelernt. Wie die beiden Pianistinnen die große Palette ihrer künstlerischen Erfahrungen im musikalischen und menschlichen Austausch zu einer Einheit verschmelzen, die all die verschiedenen Einflüsse hör- und spürbar macht, ist die große Stärke und das Faszinierende dieses einmaligen Duos. Fulminante Konzertauftritte in Europa haben die beiden Pianistinnen international als Duo bekannt gemacht. Die vorliegende CD beweist ihr außergewöhnliches Können sowie ihr mitreißendes Temperament und die berührende Tiefe ihrer Interpretationen. “Die eine ganz in Rot, samt Brille, die andere bunt kariert in türkisen Leggins: was ist das? Ein Klavierduo, das mit seiner Spielfreude, Virtuosität und geballter Energie einfach mitreißen muss!“ - so beschrieb ein Kritiker den Auftritt von Waltraud Wulz und Antoinette Van Zabner. Nimmt man noch das nuancenreiche Farbenspiel ihres Klanges, ein Faible für Rhythmus, sowie Humor und Innigkeit hinzu, kann man sich eine ungefähre Vorstellung der musikalischen und pianistischen Qualitäten dieses Klavierduos machen.
“Ich habe das Klavierduo Waltraud Wulz und Antoinette Van Zabner in Konzerten gehört und bewundert und darf mir erlauben, das Duo zu den besten Ensembles dieser Besetzung zu zählen. Die beiden Künstlerinnen verfügen über eine stupende Technik, verbunden mit hoher Musikalität und einem hervorragenden Zusammenspiel."
Heinrich Gattermeyer, Komponist
Released 2004.
Price:
16,90 EUR
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