Pytheas BSIN02708506 Budapest, 2007, Deutsch, HC, 118 S., mit vielen Fotos, (m. Audio-CD)

Simon, Géza Gábor - K.u.K. Ragtime (Die Ragtime-Ära der Österreichisch-Ungarischen Monarchie) (m. Audio-CD)

300 Stück limitierte, einmalige Auflage!

Geza Gabor Simon - K. u. k. Ragtime (Die Ragtime-Epoche der Österreich-Ungarischen Monarchie)
K. und k. Ragtime? Die Wortverbindung erscheint mehr als ungewöhnlich. Im Zusammenhang mit der 1867 bis 1918 bestehenden Doppelmonarchie kommt einem so manches in den Sinn - etwa die Sezession, die Psychoanalyse oder die Zweite Wiener Schule. Wer aber würde an eine Musikgattung wie den Ragtime denken, dem der Mief der Unterhaltungsindustrie anhängt? Dies trotz der Operette, die sich zweifelsohne als Feld kulturgeschichtlicher Forschung etablieren konnte.

In den Höhen der Kultur schwelgend, entgehen uns zeitweilig die tieferen Gefilde der Unterhaltungskunst, die nichtsdestotrotz Teil des Alltags sind, egal von welcher Epoche wir sprechen. Die Unterhaltung ist so alt wie die Menschheitsgeschichte. Obschon sie gewissermaßen in und für die Gegenwart lebt, dürfen ihre Genres aus keiner ganzheitlichen kulturgeschichtlichen Betrachtung fehlen.

Malen wir uns die Epoche Franz Josephs vor Augen, die in Ungarn häufig als „glückliche Friedenszeiten“ bezeichnet wird, taucht gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine musikalische Erscheinung auf, die sich quer über die Vereinigten Staaten und Europa ergoss und Einzug in die Musikgeschichte hielt. Mit seinem unverkennbaren Rhythmus eroberte der Ragtime nicht nur die Unterhaltungsbranche, sondern hinterließ auch im Werk klassischer Komponisten wie Debussy, Satie und Stravinsky seine Spuren. Seinen Welterfolg, der bis heute andauert, verbuchte der Ragtime allerdings als selbständiges musikalisches Genre.

Wie anderswo in Europa stieß der Ragtime - oft als früher Jazz betrachtet - um die Jahrhundertwende auch in der Österreich-Ungarischen Monarchie auf einen entsprechenden Nährboden. Die langen Friedenszeiten, der kulturelle Aufschwung, der Aufstieg von Wien und Budapest zu Metropolen und die Herausbildung großstädtischer Lebensweise begünstigte die Verbreitung von Genres der Unterhaltungsmusik, die immer mehr auch den Alltag mitprägten. Die wirtschaftlichen und politischen Spannungen, die zum Ersten Weltkrieg und zum Zerfall der Monarchie führten und die Krisenerscheinungen wurden der Vermittlung der hohen Künste überlassen und selbst die sieben Pistolenschüsse von Sarajevo, die im Juni 1914 das Leben des österreichischen Kronprinzen Franz Ferdinand auslöschten, konnten mitsamt dem ausbrechenden Weltkrieg die Anziehungskraft des Ragtime nicht brechen.

Der Ragtime überlebte also nicht nur die Monarchie, sondern nimmt verdienterweise seinen Platz in der Kulturgeschichte der Monarchie ein, wie von diesem Bild- und Dokumentationsband verdeutlicht. Mittels der Geschichte dieses bis heute lebendigen Genres erhalten wir ein adäquateres Gefühl für die Atmosphäre dieser Zeit. Der Band präsentiert auch musikalische und literarische Highlights, etwa was Jókai über den Shakespeare-Schauspieler und Ragtime-Performer Ira Aldridge schrieb, wie die himmlische Sári Fedák den Cakewalk im Kimono tanzte, und wie „Alexander's Ragtime Band“ zum „Medvetánc / Bärentanz“ mutierte. All dies eingehüllt in eine Nostalgie, wie sie der „glücklichen Friedenszeiten“ würdig ist.

Die zeitgenössischen Tonaufnahmen schließlich entführen den Leser auf den Gipfel des Genusses. Mit 25 großteils unveröffentlichten Tracks aufgenommen in den Jahren 1903 bis 1921.
Price: 79,90 EUR