Böhlau BSIN01683052 2005, HC, 512 S., 32 SW-Abb., Format: 16,9 x 24 cm

Felber, Andreas - Die Wiener Free-Jazz-Avantgarde: Revolution im Hinterzimmer

Seltsame Kauze sollen das gewesen sein. Und ebenso bizarr wie spannend ist vieles, was über sie an Gerüchten und Geschichten kursiert. Zwei sollen Kunststudenten gewesen sein, ein anderer Jazzbassist, wieder ein anderer klassischer Fagottist im Grazer Philharmonischen Orchester. Nebenbei sollen sie schon in den fünfziger Jahren frei improvisierten Jazz gespielt haben, wie er anderswo in Europa erst wesentlich später praktiziert wurde - der konservativen österreichischen Musikszene zum Trotz. Dementsprechend hört man von Skandalen, die auf der Tagesordnung gestanden sein sollen.
Das mit den beiden Formationen der Masters of Unorthodox Jazz (MoUJ) und der Reform Art Unit (RAU) assoziierte Geschichtsbild der Frühzeit der Wiener Free-Jazz-Avantgarde oszilliert heute zwischen zwei Klischeevorstellungen: jener der skurrilen Provokateure, der Scharlatanerie verdächtigen Dilettanten einerseits, sowie der der verkannten, isolierten Avantgardisten, die internationale Entwicklungen antizipierten. Diente den einen ihre "Galerie zum roten Apfel" (1959-65) gleichsam als "geschützte Werkstätte", so bildete den anderen der subkulturelle "Freundeskreis", auch "Informelle Gruppe" genannt, um Schriftsteller und Devianzforscher Rolf Schwendter als Experimentierfeld.
Die vorliegende Arbeit bringt Licht in dieses bislang gänzlich unaufgearbeitete Kapitel österreichischer Musikgeschichte. Und wirft in der grundlegenden, kritischen Darstellung der chronologischen Ereignisabfolge über den primären Gegenstand hinaus aus ungewohnter Perspektive Schlaglichter auf die österreichische, insbesondere die Wiener Nachkriegskulturgeschichte.
Price: 56,60 EUR