Hildegard Burjan bewegte sich zeit ihres Lebens zwischen den Welten: Als Frau brach sie ein in die männliche Domäne der Bildung und Politik; als Jüdin konvertierte sie zum christlichen Glauben; ihr politisches Agieren entfaltete sich im Übergang von der Monarchie zur Demokratie; als Angehörige der gehobenen Gesellschaft sah sie deutlicher als die meisten Not und Elend der einfachen Menschen.
Und dagegen tat sie etwas: Obwohl selbst chronisch leidend, baute sie mit Hilfe ihres brillanten Verstandes und ihres unerschütterlichen Glaubens, meist gegen viele Widerstände ihrer männlich dominierten Umwelt, ein Hilfswerk nach dem anderen auf. Um schließlich mit der Gründung der "Caritas Socialis" einen Lebenstraum zu verwirklichen. Als verheiratete Frau und Mutter stand sie einer religiösen Schwesterngemeinschaft vor, die der Armut, dem Gehorsam und der Ehelosigkeit verpflichtet war. Die Art, wie sie in all diesen Spannungsfeldern unbeirrt ihren Weg ging, nötigt Freunden wie Gegnern bis heute Bewunderung ab.